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Gemeinde Ferlach / Borovlje

Buchpräsentation über die Deportation slow. Familien

Bgm. Ingo Appé entschuldigt sich bei den deportierten Slowenen

27.06.2012 - 21:37

Anlässlich der Präsentation des Buches über die Deportation von 1074 Kärntner Slowenen im April 1942 von Johannes W. Schaschl „Als Kärnten seine eigenen Kinder deportierte“ am 27.6.2012 sprach Bürgermeister Ingo Appé persönliche und ergreifende Worte zum Thema Nationalsozialismus. Zum Schluss seiner Ansprache entschuldigte er sich im Namen der Gemeinde bei den deportierten Slowenen über das von den Kärntner Nationalsozialisten verübte Leid. Die Ansprache des Bürgermeisters im Wortlaut:

Als Kärnten seine eigenen Kinder deportierte … ein Zeitdokument über Ereignisse in unserer Gemeinde in den Jahren 1942-1945

Wie sagte schon Univ.Prof. Peter Gstettner:

Jede historische Aussage über die Nazizeit erzielt nur dann eine nachhaltige Wirkung, wenn sie auf das Erzählen von persönlichen Schicksalen aufgebaut ist. Dies ist deshalb so wichtig, weil es die einzige Form ist, die den Respekt vor dem einzelnen Menschen ausdrückt. In der Vergangenheit war es der Mangel an Identifikation mit dem individuellen Schicksal und die Verweigerung von Mitgefühl mit den Opfern, die für das weit verbreitete Desinteresse an den Untaten der Nazis und für das gleichgültige Zuschauen oder Wegschauen mitverantwortlich waren. Erinnern und Gedenken werden nur dann konkret und nachhaltig sein, wenn die Opfer wieder ihr menschliches Antlitz und ihre Würde zurück erhalten.


Mit der Präsentation dieses Buches ist wieder ein Teil der neueren Geschichte unserer Gemeinde als Zeitdokument öffentlich gemacht worden.

Schon die ersten Seiten geben den Leser einen Einblick – welche Wunden diese Zeit bei den Betroffenen hinterlassen haben. Sind es die letzten Zeilen aus dem Abschiedsbrief von Maria Schaschl – oder der Hinweis von Hannes Schaschl, der dieses Buch als Wertschätzung gegenüber seinem Vater, aber auch als symbolische Heimkehr seiner Großmutter in ihre geliebte Heimat Kärnten sieht.

Es waren schreckliche Zeiten. Kärnten hatte in der Zeit von 1938 bis 1945 zahlreiche Opfer zu beklagen:

88.000 zum Wehrdienst eingezogene
11.000 Kriegstote
8.000 Vermisste
50 in Konzentrationslagern ermordete Juden
1.200 Ziviltote bei Luftangriffen
1.097 Tote im Widerstand gegen das NS-Regime
Und über 1.000 ausgesiedelte slowenisch sprechende Kärntnerinnen und Kärntner
Im Rahmen der Aussiedlungen wurden Nachbarn zu Feinden, Intrigen zerrissen Familien, Männer und Söhne mussten für Hitler in den Krieg, der Rest der Familien aber wurde zwangsverschleppt, vor 1945 slowenische – danach deutschsprachige ......

70 Jahre hat es gedauert, bis anscheinend eine Mehrheit der Kärntner auch mit diesem, sicherlich nicht erfreulichen Kapitel unserer Geschichte sich auch öffentlich auseinandersetzten kann.

Mühsam aber doch kommt Bewegung in diesen dunklen Zeitabschnitt auf unserem Gemeindegebiet … und vieles ist noch aufzuarbeiten. Doch so bin ich auch überzeugt, sind wir auf einem guten Weg – hier positive Zeichen zu setzen.

Erfreulicher Weise hat sich in den letzten beiden Jahren doch etwas bewegt – seien es die Aufstellung zweisprachiger Ortstafeln – der Dialog der Volksgruppen – der Ingeborg Bachmannpreis für Maja Haderlap und der damit auch verbundenen Öffentlichkeit und einen nunmehr anderen Zugang zu den Sorgen und Ängsten der Volksgruppe – die Zweisprachigkeit bei Konzerten von Gesangsvereinen beider Volksgruppen – das steigende Interesse an einem zweisprachigen Unterricht usw.

Dass Einige noch immer ein Problem mit der Zweisprachigkeit in unserer Gemeinde haben, erlebe ich selbst in meiner Funktion als Bürgermeister laufend. Gemeint ist die Beschriftung der Josef Friedrich Perkounig Volksschule. Welche Entrüstung bei Ewiggestrigen hat diese Aktion hervorgerufen. Sogar die Staatsanwaltschaft wurde eingeschalten – die übrigens noch immer gegen mich in dieser Causa ermittelt.

Für 3 Gemeinderatsfraktionen war es sogar ein Grund aus dem Gemeinderat auszuziehen. Und es ist noch immer in den Köpfen einiger, die es ernst meinen, wenn sie mich als „Slowenenfreund“ titulieren – und dies in deren Augen eine Beschimpfung ist.

Geschätzte Freunde – eines kann ich Ihnen hier versichern – dies ist für mich keine Beschimpfung – für mich ist dies eine Auszeichnung!

Ich bin stolz Freunde zu haben, die der slowenischen Volksgruppe angehören. Ich bin stolz Freunde südlich der Karawanken zu haben und nunmehr seit 10 Jahren auch eine gelebte Partnerschaft mit unserer Nachbargemeinde Trižič zu leben.

Und ich habe auch bei dieser Gemeinderatsitzung klar festgestellt:
Als Gemeindevertreter sollte man stolz sein, wenn man in einer Gemeinde lebt und als politisch Verantwortlicher wirken darf, die eine sprachliche aber auch kulturelle Vielfalt bietet.
Die slowenische Sprache genauso ein Bestandteil ist wie die Deutsche.
Und dass es traurig ist, wenn eine derartige kleine „mickimaus“ Aufschrift Grundlage für niveaulose Auseinandersetzungen ist. Dass es traurig genug ist, wenn seit dem Bestehen der zweisprachigen Volksschule den politischen Entscheidungsträgern bisher der Mut fehlte – hier ein öffentlich sichtbares Bekenntnis zur Zweisprachigkeit anzubringen.


Aber auch schon vor 70 Jahren hatte die Kommunalpolitik eine Verantwortung

Diese Aussiedlungsaktion war nicht eine in Berlin geplante Aktion.

Es ist im Buch nur die Fußnote 45 – aber eine in meinen Augen sehr wesentliche.
Der Historiker Dr. Wilhelm Baum attestiert: „Diese Deportation war (in Kärnten) hausgemacht. Hitler hat davon nicht einmal was gewusst, die Anregung kam von hier. Es gibt keine Äußerungen von Hitler zu Kärnten.

Dies spiegelt sich ja auch im Buch „Geschichte der Kärntner Slowenen von 1918 bis zur Gegenwart“ wider, wenn angeführt wird:

Die näheren Einzelheiten der Aussiedlung regelten die Klagenfurter Dienststellen, insbesondere die dortige Dienststelle der Gestapo und jene unter der Leitung von Maier Kaiblitsch.

Nicht übersehen darf man die wichtige Rolle, die lokale NS-Größen in dieser Frage spielten. Sehr viel hing vom Verhalten des sogenannten „Ortsdreiecks“ Bürgermeister, Ortsbauernführer und Ortsgruppenleiter ab. Sie bestimmten letztendlich welche Personen in den einzelnen Gemeinden ausgesiedelt werden sollten.

70 Jahre sind nunmehr ins Land gezogen. Am Jahrestag gab es in Klagenfurter Dom eine Gedenkmesse und im Konzerthaus eine Gedenkveranstaltung.

Als heute kommunal-politisch Verantwortlicher frage ich mich, warum diese Gedenkfeier von offizieller Seite her nicht eine ähnliche Breite erreicht hat, als jene, wenn jedes Jahr zum 10. Oktober der Opfer des Abwehrkampfes gedacht wird? Sind die Ausgesiedelten weniger wert, oder ist dieses Ereigniss nicht wert, würdig begangen zu werden?

Fast 100 der von den Nazis deportierten Kärntner Slowenen überlebten diese Deportation nicht und konnten so nicht mehr in ihre Heimat zurückkehren. Für jene, die nach dem Krieg nach Kärnten heimkehrten, blieb das Trauma der Verschleppung. So dauerte es oft Jahre bis sie ihr Eigentum, ihre Höfe und Häuser zurückbekamen und bis heute gibt es für das Erlittene keine offizielle Entschuldigung von Seiten der Landespolitik.

Vielleicht ist es ein Denkanstoß, wenn ich heute – 70 Jahre nach den im April 1942 erfolgten Aussiedlungen – als Bürgermeister von Ferlach, mich bei den betroffenen Familien mit den 47 Angehörigen an dieser Stelle für das erfahrene Unrecht entschuldige.

Daher erlauben Sie mir, dass ich als Geste der Entschuldigung die Namen der betroffenen Familien hier öffentlich in alphabethischer Reihenfolge verlese.

Fam. BOROVNIK aus Ferlach
Fam. TSCHAUKO aus Kirschentheuer
Fam. ČEMER- SCHASCHL aus Seidolach
Fam. KROPIUNIK aus Ferlach
Fam. MAGEDIN aus Unterglainach
Fam. MALE aus Kirschentheuer
Fam. RENKO aus Ferlach
Fam. SMERITSCHNIK aus Ferlach
Fam. VERTIČ aus Dollich
Fam. WIESER aus Windisch Bleiberg
Fam. WINKLER aus Ferlach

Vem, da so to samo besede opravičila, ki tega,
kar se je zgodilo, ne morejo zbrisati -
ampak prihajajo od srca.

"Ich weiß, dass dies nur Worte der Entschuldigung sind und diese das Geschehne nicht ungeschehen machen können - doch sie kommen vom Herzen."

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